Bauwelt 37/2008
Conradin Clavuot Architekt
mit einem Vorwort von Martin Steinmann
Niggli Verlag, Sulgen, 2008, ISBN 978-3-7212-0562-6
Der erste gebaute Entwurf, den der 1962 geborene Architekt Conradin Clavuot im Buch über sein bisheriges Schaffen vorstellt, ist ein 1990 erstelltes Gartenhaus. Dieses raffinierte, aber elementare Holzgerüst, eher Struktur als Gebäude, bildet den unbändigen Wunsch des jungen Architekten ab, endlich selber bauen zu dürfen und all sein Können zu zeigen. Am Schluss des Buches, ebenfalls in Clavuots Heimatstadt Chur gelegen und das andere Ende seiner privater SMLXL-Skala bildend, wird die soeben fertig gestellte Neugestaltung des Bahnhofareals vorgestellt, die Bahnhofsvergrösserung, Platzerweiterung und den Bau zweier Wohn- und Geschäftshäuser einschliesst. In der Zeitspanne von knapp zwanzig Jahren wird chronologisch die Entstehung einer persönlichen architektonischen Haltung anschaulich, der Aufbau der von mit Berufserfahrung untermauerten Entwurfssicherheit, die Gewissheit, komplexe Sachverhalte zu überblicken. Das Buch umfasst laut den Worten des Architekten eine Sammlung seiner Lieblingsprojekte, die in Texten, vielen Skizzen und Notizen, Plänen, Modellbildern und Fotos je nach seinem Ermessen mehr oder weniger detailreich dargestellt sind.
Clavuot durchlief wie viele bekannte Schweizer Architekten seiner Generation in den Achtziger Jahren Miroslav Siks Schule der Analogen Architektur an der ETH Zürich. Und es scheint fast, als ob ihm in der dominanten Berglandschaft und den kompakten Bündner Dörfern die „Suche nach einer Architektur, die in dem Sinne realistisch ist, als sie Stimmung eines Ortes durch Formen vermittelt und nicht durch Zeichen, die man kennen muss“ (Martin Steinmann im Vorwort) manchmal gelingt. Aus der städtischen Umgebung konstatiert man staunend, in welchem Masse Conradin Clavuot mit seinem direkten Umfeld verbunden ist, so dass er eben sehr spezifisch auf dieses eingehen kann. Mit der Abbildung einiger Bauherrschaften belegt er, dass er nicht nur jeden Winkel seiner Heimat, sondern auch seine Pappenheimer kennt und mag.
„Unbeschwert Neues und Unbekanntes zu suchen, bringt Freude. Hinter allem steckt ein Geheimnis. Dies ist es, was mich an der Architektur, am Leben interessiert.“ Diese Worte hat Clavuot dem anregenden Buch vorangestellt, und sie zeugen von der Unmittelbarkeit seiner Arbeitsweise. Das Feld der Buchkunst, das er als Gestalter und Autor beackert, ist ihm nicht so vertraut wie die Baukunst, und teilweise hätte etwas Unterstützung gut getan. So sieht das verfremdete Bild auf dem Umschlag aus, als wäre der schöne neue Bahnhof nach einem kriegerischen Angriff fotografiert, was gar nicht zum heiteren Ton des Buchs passt.
Text © Barbara Wiskemann