Hochparterre 6-7/2011

Schilf statt Schaum
Haus Rauch
Axel Simon, Otto Kapfinger (Hrsg), Birkhäuser, Basel 2011

Zwei leidenschaftliche Menschen haben zusammen ein auserordentliches Werk geschaffen. Seit der Zusammenarbeit für die Bauten im Sihlhölzli 2002 in Zürich, die der Architekt Roger Boltshauser mit dem Lehmbauer Martin Rauch 2002 realisierte, haben die beiden kontinuierlich zusammen gearbeitet und jeweils die eigene Haltung durch das Know-How des andern noch stärken können. In der Absicht, die Zusammenarbeit am Beispiel des Hauses Rauch zu erschliessen, widmen die beiden Herausgeber Axel Simon und Otto Kapfinger je einem der Urheber einen Essay und versuchen, das Zwingende dieser Architektur anhand des Zugangs beider Urheber zu beschreiben. Zudem zeigt das Buch, dass ein Haus modernen Ansprüchen genügen und doch ohne Schäume oder Folien auskommen kann. Man merkt auch, dass wir diese Werkstoffe heute selbstverständlich annehmen und einem Schilf, Flachsgewebe, Korkschrot oder Lavaschotter als Ersatz dafür eher unzuverlässig vorkommen. Die Akribie der Recherche und der Verzicht auf heute gängige Lösungen beeindruckt, vor allem weil das entstandene Haus architektonisch so sehr geglückt ist. Das Buch als Medium thematisiert ebenso wie das Haus die Verwendung eines vielfältig angewendeten Materials, in diesem Fall Papier oder Pappe: Der Umschlag hat einen unmerklichen Verlauf von Hell- zu Dunkelgrau und ist zudem geprägt Schnitten des Hauses und des Hanges, Schrift und (schwarze) Farbe sind einzig auf dem verbreiterten Leinenrücken verwendet. Fotos und Pläne setzen die Plastizität und Farbigkeit von Material und Architektur in Szene. Wohl kein Zufall, dass die Gestalter Gassner Redolfi seit langem mit Rauch und Boltshauser verbunden sind.